Windkraft-Kritiker unter sich
Helga Ehresmann war in einem T-Shirt mit dem Aufdruck „Soko Wald“ gekommen. „In der Zossener Heide drohen uns 30 Windräder“, erklärte sie. „Deswegen achten wir nach Art einer Sonderkommission darauf, ob sich an den potenziellen Standplätzen schon etwas tut, ob die alten Bäume noch stehen und die Vögel noch nisten.“
Weil den Windkraft-Kritikern in Kallinchen keine geeigneten Räume zur Verfügung stehen, sie auf der anderen Seite des Sees jedoch mit offenen Armen empfangen werden, hatte die Bürgerinitiative „Freier Wald“ zu ihrem Stammtisch im Restaurant am Golfplatz geladen. „Die CDU hat die frühen energiepolitischen Beschlüsse mitgetragen“, begrüßte der Vorsitzende der Initiative, Detlef Gurczik, seine Gäste von den Oppositionsbänken der Landespolitik. „Das ist aber verzeihlich“, beruhigte er sie sofort, „denn auch wir wurden erst wach, als die Windkraft-Hysterie begann.“
Seine Partei wende sich nicht generell gegen Windkraft-Anlagen, bemerkte der Landtagsabgeordnete Björn Lakenmacher, doch müssten die Einwohner in die Entscheidungen einbezogen werden: „In Pätz wurde dazu eine Bürgerbefragung abgehalten. In Motzen und in Teltow-Fläming gibt es das nicht.“
In Brandenburg würden die Interessen einzelner Energiesparten nicht mit dem Allgemeinwohl in Einklang gebracht, bemängelte der energiepolitische Sprecher der Landtagsfraktion, Steeven Bretz. „Was nützt es denn“, fragte er, „wenn der Wind weht, seine Energie wegen unzureichender Stromnetze aber nicht abgeführt wird?“ Rhetorisch gekonnt, mit durchdringender Stimme, durch die Luft fahrenden Händen und schwingendem Oberkörper brachte er seine Argumente zur Geltung. Das mittelfristige Windkraft-Ziel der Landesregierung bedeute eine Verdoppelung der jetzt schon für diese Anlagen genutzten Fläche, betonte er.
„Rund um Zossen sind bereits vier Prozent der Grundfläche damit belegt“, warf Detlef Gurczik ein. Während Bretz eine Lanze für die Braunkohle brach, bekundete Zossens CDU-Chef Hermann Kühnapfel, er stehe zur Kernkraft, auch weil die deutschen Werke sicherer als die der Nachbarn seien. Mit Lust unterschied er sich in dieser Auffassung vom einstigen Hoffnungsträger seiner Partei, Norbert Röttgen, der ihm immerhin noch einen Seitenhieb wert war: „Der hat sogar noch die Grünen unter der Grasnarbe links überholt.“ 100 Prozent erneuerbare Energien, so Kühnapfel, hieße, 17 Stunden am Tag keinen Strom zu haben.
Der herrliche Blick von der Terrasse des Golfer-Restaurants dürfe nicht durch Rotoren verstellt werden, meinte er. „Für einen Club, der europaweite Turniere ausrichten will, ist eine solche Aussicht unzumutbar“, unterstützte ihn Cornelia Kobosil. „Motzens Ortsbeirat hat versucht, die Windrad-Pläne nach Art der Diktatur des Proletariats durchzudrücken“, behauptete Michael Wenzel von der Mittenwalder CDU-Fraktion. „Unter touristischen Gesichtspunkten muss hier aber sorgsam abgewogen werden.“
Mehrere Redner kritisierten die regionalen Planungsgemeinschaften, die über Windparks entscheiden. „Das hebelt die Planungshoheit der Kommunen aus“, stellte Helga Ehresmann fest.
„Wir haben uns hier unter Gleichgesinnten verständigt“, zog Wendelin Trautmann skeptisch ein Fazit. „Doch all unsere Proteste bewirken nicht viel.“ In der Politik brauche es „einen verdammt langen Atem“, tröstete ihn Energiefachmann Bretz. „Der Kampf, der um Mehrheiten geführt werden muss, ist zäh“, sagte er. Doch diesen Preis der Demokratie zahle er gerne. (Von Klaus Bischoff)